Eines Tages im März, als ich mich durch die vielen Emails in meinem Posteingang arbeitete, öffnete ich eine, die ich auf den ersten Blick als Spam einordnen wollte. Denn das was da stand, klang zu schön, um wahr zu sein. Nein, das kann man doch nicht glauben, dass jemand den Together Verein in sein Testament aufnehmen möchte. Was für eine eigenartige Sache.
Neugierig wie ich bin, beantwortete ich kurzentschlossen die Mail, und siehe da, der Absender war tatsächlich echt. Am Telefon extrem freundlich wollte er sich schnellstmöglich treffen , um zu besprechen, wie es denn nach seinem Tod mit seinem Hab und Gut weitergeht.
Knapp zwei Wochen später fand das Treffen zwischen mir und dem lieben Fritz statt, der mich in seiner gemütlichen, etwas verrauchten Villacher Wohnung begrüßte. Die Wände voller Bilder aus fernen Ländern, die immer wieder ihn und seine Frau Helga als glückliches Liebespaar zeigten, das wohl gemeinsam die ganze Welt bereist hatte.
Bei einer Tasse Kaffee erzählte mir Fritz von seiner geliebten Frau, die letztes Jahr an Krebs verstarb, nachdem sie zuvor bereits einmal eine schwere Erkrankung gut überstanden hatte. Kinder gab es keine und die Schwester, die einzige potenzielle Erbin, hat wohl selbst genug. So hatte sich Fritz entschlossen, einen Teil seines Vermächtnisses an den Together Verein und einen Teil an eine andere caritative Einrichtung zu spenden. Ich war sehr gerührt darüber, dass jemand unsere Arbeit so sehr schätzt, um uns in sein Testament aufzunehmen.
Mindestens 10.000 Euro sollten es sein, verkündete Fritz, und der gesamte Inhalt der Wohnung inkl. Auto. Die einzige Bedingung: Wir müssten nach seinem Tod die Wohnung leerräumen. Dankbar stimmte ich sofort zu.
Da ich spürte, dass Fritz sehr einsam war, entschloss ich mich, ihn zu unserer Jahresfeier in die TogetherCity Villach einzuladen, die wenige Wochen später stattfinden sollte. Ich wünschte mir sehr, dass er bei uns Anschluss finden würde und so nochmal Freude und Freunde in sein Leben kommen würden. Dass ihm das Ableben seiner geliebten Helga sichtlich zugesetzt hatte, war nicht zu übersehen. Ich hatte tiefes Mitgefühl mit diesem Mann, der nur in den besten Tönen von dem wunderschönen Leben mit seiner Frau erzählte, während ich bei ihm war.
Bevor wir uns verabschiedeten, erklärte er, alsbald mit dem Notar alles Besprochene in seinem letzten Willen festzuhalten und wir reichten uns freundschaftlich die Hand.
Die Tage vergingen, bis dann der 29.April da war, der Tag der Jahresfeier in der Together City. Und siehe da, der liebe Fritz kam zu Besuch. Das freute mich wirklich sehr, auch wenn ich fast ein bisschen ein schlechtes Gewissen hatte, weil ich sehr wenig Zeit für ihn aufbringen konnte.
Doch bei den wenigen Worten, die ich mit ihm wechselte, schien er wohl zufrieden mit der Wahl des Projektes zu sein, das er für seinen Nachlass gewählt hatte. Am selben Abend noch gingen 10.000 Euro als Spende auf unser Konto ein.
Ich wollte mich natürlich bedanken, konnte Fritz allerdings telefonisch nicht erreichen. Ich dachte, er wäre wie angekündigt zu seinen Verwandten nach Deutschland gefahren, und vergaß dann im Trubel des Alltags nach einigen Tagen darauf, ihn nochmal anzurufen.
Etwa zwei Monate später erreichte mich der Anruf einer Notariatskanzlei, es ginge um das Erbe von Fritz Huber. Mein Atem stockte, was war da los? Ich hatte ja damit gerechnet, dass Fritz vielleicht in den nächsten 10 bis 20 Jahren diese Erde verlassen würde, aber doch nicht noch dieses Jahr. Er war nicht mehr der Jüngste und körperlich etwas angeschlagen, aber auf keinen Fall dem Sterben nahe.
Auf Nachfrage wurde mir der Todestag mitgeteilt, der 29.April, der Tag, an dem er uns noch bei der Jahresfeier in der Together City Villach besucht hatte. Ich konnte das nicht verstehen und nicht einordnen, bis mein eigenartiges Gefühl seitens der Kanzlei bestätigt wurde.
Es war ein Freitod. Fritz wollte nicht mehr ohne seine Helga leben und hatte alles für sein Ableben bis ins Detail geplant. Er wusste bereits, dass er gehen würde, als wir uns das erste Mal trafen.
Traurigkeit und Demut begleiteten mich die nächsten Tage, bis ich wirklich realisierte, dass ich mich wohl nicht mehr bei Fritz für das Geld, das er uns bereits überwiesen hatte, bedanken konnte.
Es vergingen noch ein paar Wochen, bis wir wie versprochen seine Wohnung räumen konnten. Gemeinsam mit ein paar Helfern betrat ich die verlassenen Räume. Obwohl es etwas unangenehm nach kaltem Rauch roch, fühlte sich alles sehr ruhig und friedlich an und es war keine Traurigkeit zu spüren. Ein paar Bilder an den Wänden fehlten, scheinbar hatte er sie noch an Freunde verschenkt. An vielen Stellen klebten Zettel mit Informationen für uns, wie der Computer anging oder wo wir dieses oder jenes finden konnten. Raum für Raum schauten wir uns um, und es war durchwegs das Gefühl von Frieden, das uns begleitete.
Er wusste genau was er tat, er wollte nichts mehr, als wieder mit seiner großen Liebe vereint zu sein. Das Leben hatte ohne sie keinen Sinn mehr für ihn. Es gab nichts was ihn noch auf dieser Erde hielt. Medikamente und eine Flasche Champagner waren der äußerst würdevolle Abschied aus diesem Leben, in voller Verantwortung. Ich konnte mich nur noch innerlich bei diesem absolut bewundernswerten Mann bedanken und war zutiefst berührt.
In einem Abschiedsbrief an uns hat er sich sogar dafür entschuldigt, mich bei unserem Treffen belogen zu haben, da er bereits wusste, dass er bald gehen würde.
Für mich und auch für viele andere im Verein war das wohl das außergewöhnlichste, unerwartetste und zugleich emotional herausforderndste Erlebnis des heurigen Jahres.
Die Liebe ist es, die uns durch das Leben begleitet. Wenn sie nicht mehr ist, kann das - wie bei Fritz - den Sinn des Lebens nehmen.
Wir wünschen Fritz und seiner Helga noch unendlich viele Jahre voller Liebe in allen Welten, in denen sie sich wieder begegnen werden.
Und euch allen wünschen wir Liebe für euch selbst und Liebe für eure Mitmenschen. Seid liebevoll zueinander, das ist das einzige, das wirklich zählt.
Ruhet in Frieden, Fritz und Helga.